Meister: Nico Nolden
Nolah bis Normiah 638
Flucht aus Maa'sha
Aufgebrochen aus Maa'sha - ratlos und gedemütigt, ohne Hinweise auf die Ursprünge der erlittenen Leiden von Land und Nen'yen - wurden
die Helden von Raharks zwielichtigen Bekannten aus früheren Zeiten durch die frühmorgendlichen Gassen Maa'shas geschleust. Ein
Händler, der ohnehin gen Süden seines Weges ziehen wollte, diente den Helden als Tarnung.
Dieser wirkte sehr unruhig auf die Reisenden und gab auf Nachfrage auch redselig Auskunft über die Gründe seines hektischen
Unwohlseins. Gerüchte über zunehmende Heimsuchungen seltsamer, mysteriöser Gestalten streifen über die Lande, gerade in
entlegeneren Siedlungen schienen sich Legenden über grausame Wesen vermehrt zu verkörpern, welche derbe Späße mit den Menschen
trieben. Jungkinder verschwänden aus ihren Wiegen, alte Frauen würden im Morgengrauen zerfetzt auf den Straßen gefunden und
Jäger berichteten von seltsamen, unheilvollen Erscheinungen. Nichts konnte ihn mehr in dieser Gegend halten, nicht einmal der
gute Profit, gemehrt durch die nur selten eintreffenden Händler aus dem Süden. Die Helden wurden sowohl hellhörig durch seine
Berichte, als auch sehr wachsam.
Die Ruine im Ringwald
Nicht zuletzt bedingt durch die Anspannung beschlich die Helden schon am frühen Mittag das ungewisse Gefühl, etwas
Unangenehmes würde bald geschehen. Daher zögerte Shorn auch nicht lange, als im Südwesten eine breite Rauchfahne in den
wolkigen Himmel hinaufstieg, und setzte zusammen mit Jerron durch die hügelige Buschlandschaft und beide sich für einige
Stunden von der Gruppe ab. Die übrigen Helden geleiteten den Händler weiter, da sie der Verdacht ereilte, er könnte vielleicht,
getrieben von der eigenen Angst, auch ohne sie den Weg fortsetzen. Schließlich gelangten beide an einen kleinen Feldweg, der in
ein Wäldchen hineinführte, welches sich am Grund einer Senke zwischen den flachen Hügeln befand. Vorsichtig tasteten sie sich
um das Wäldchen herum, beschlossen jedoch über den Feldweg einzureiten, da sich keine Spuren eines Überfalles oder gar
Hinterhaltes finden ließen. Im Waldstück selbst bot sich ihnen ein schreckliches Bild der Zerstörung. Dort fand sich
ursprünglich ein kleines Gehöft, bestehend aus einer kleinen Holzhütte, einem winzigen Feldstück und einer Koppel, doch
hiervon war nicht mehr viel zu erkennen. Verkohlte Balken zeugten von einem großen Brand in der Hütte, das Feld war verwüstet,
die Umzäunung der Koppel zerschmettert und die Flanken des Viehs aufgeschlitzt. Überall war die Sode des Grases aufgeworfen und
zerwühlt, Erdreich kreuz und quer verspritzt wie die Gischt einer Brandung.
Shorn und Jerron stiegen voller Ekel von ihren Reittieren und begannen die Umgebung zu untersuchen, wobei Shorn das Buschwerk
unter den Kronen des Ringwaldes nach Spuren des Eindringens durchmusterte, Jerron hingegen das Haus durchforschte. Als
letzterer sich diesem zu nähern versuchte, bemerkte er jedoch ein hölzernes Knarren, wonach sich splitternd und krachend der
Giebel und dann das übrige Dach des Hauses ins Innere hineinstürzten. Die Außenwände blieben jedoch stehen, in deren
Holzbalken er kurz darauf tiefe Krallenspuren entdeckte. Er wandte sich jedoch zunächst hiervon ab und fand bei der
Durchmusterung dessen, was noch von der Hütte übergeblieben war, einen nach Außen umgestoßenen Holzstoß, der etwas zu verdecken
schien.
Etwa zu diesem Zeitpunkt beschlich Portiana und Thimor das dumpfe Gefühl, etwas sei nicht in Ordnung, so daß sie sich ebenfalls
von dem Händler, Rahark und Nanthal absetzten, nicht ohne diese anzuweisen, ein Mittagslager aufzuschlagen. Zu diesem Zeitpunkt
waren nicht nur bereits zwei Stunden vergangen, auch die Säule des Rauches hatte sich derweil in eine Sichtrichtung nach hinten
rechts verlagert. Auf diese setzten Portiana und Thimor nun zu.
Der Rauch des Scharmützels
Als die beiden Helden in dem kleinen Ringwald angelangten, hatte Jerron bereits eine seltsame Kreatur aus dem gestürzten
Holzstapel gezogen, deren Kopf allerdings zu einer breiigen Masse zerschmettert war. Dennoch war dieser seltsame, feuerrote
Körper völlig erhalten geblieben und maß etwa Kindesgröße. Allerdings wirkte sowohl das Fehlen von Genitalien, als auch die
langen, scharfen Fußkrallen, sowie die gelig wirkende Haut völlig unnatürlich auf den untersuchenden Jerron. Als er die
Fußkrallen einer näheren Betrachtung unterziehen wollte, geriet er jedoch aus dem Gleichgewicht und brachte sich eine
brennende Narbe über den gesamten Unterarm bei. Durch diese unsanfte Berührung fiel Jerron sodann in eine Vision, die ihm alle
Helden der Reisegruppe zeigte, welche in dunkler Nacht in einem Wald in der weißen Bekleidung standen, in der sie dereinst das
Gemälde im Tempel der Sterne zeigte. Als er schließlich erwachte, fiel er aus seiner Vision direkt nach hinten über und stieß
einen spitzen Schrei aus. Shorn eilte sofort zu ihm und begann, seine Wunde zu versorgen, als auch schon die beiden weiteren
Helden am Ort des fürchterlichen Kampfes eintrafen.
Jerron hatte sich mühsam wieder aufgerafft und ein ständiges Gefühl des Unwohlseins kämpfte mit ihm. Portiana und Thimor
untersuchten nach einer kurzen Aufklärung über bereits gesammelte Erkenntnisse die Ruinen der Hütte. Erstere durchstöberte die
schwelenden Trümmer des Inneren, während Thimor die Krallenspuren der seltsamen, feurigen Wesen in den Außenwänden der Hütte
untersuchte. Dabei fand er einen Dolch, der offenbar aus Knochen gefertigt worden war. Aber ehe er damit irgendetwas
anzufangen wußte, zerfiel der Knochen in puren Staub. Die seltsame Klaue versuchte er aus der Wand zu stemmen, doch sie hatte
sich so mit dem Holz verhakt, daß sie nicht mehr zu bewegen war. Portiana fand schließlich im Inneren der Ruine die Überreste
des ehemaligen Bewohners, offenbar eines Einsiedlers. Also rief sie Shorn hinzu, der es allerdings gerade mit einer
erschreckenden Erfahrung zu tun bekam, denn der Eimer vermeindlich frischen Trinkwassers, den er heraufgehievt hatte, barg die
unangenehme Überraschung eines breit grinsenden Schädels offenbar einer ebensolchen Kreatur wie der unter dem Holzstoß. Wohl
schwankend zwischen Schrecken und Wut, spießte er den Kopf dieser Unkreatur auf einen seiner zahlreichen Speere und begab sich
zu Portiana ins Innere des Gebäudes.
Von dem Körper des einstigen Bewohners war durch die Hitze des Feuers nicht mehr viel übriggeblieben. Muskelmasse, Fett und
Sehnen hingen in breiigen Streifen von den Knochen des Skelettes. Es wurde allgemein beschlossen, dem Verstorbenen ein
Erdbegräbnis zukommen zu lassen, und noch während der Leichnam hinausgeschafft wurde, fiel Shorn auf, daß die Feuerstelle der
Hütte aus irgendeinem Grund nach außen in die Wohnräume hinein explodiert zu sein schien. Die Helden kamen während des
Begräbnisses auf den Gedanken, daß diese kleinen, und doch gefährlichen Kreaturen aus der Feuerstelle gekommen sein könnten.
Ein Grund für diese hinterhältige Heimsuchung konnten sie sich jedoch nicht denken.
Schatten aus einer anderen Welt
Nachdem auch das letzte Stück des bei der Ankunft der Helden teils noch lebenden Viehs den letzten Atem ausgehaucht hatte,
verließen die vier Reisenden unter einsetzendem Nieselregen das kleine Gehöft und folgten dem Feldweg in Richtung der
Lagerstelle, an der Portiana und Thimor den Händler, Rahark und Nanthal zurückgelassen hatten. Von dort war Rahark zu diesem
Zeitpunkt aufgebrochen, weil die Zeit sich bereits dem späten Nachmittag zuneigte, und traf wenig später auf die ihm aus der
Richtung der Rauchfahne Entgegenkommenden. Schon aus der Ferne stellte er fest, daß Shorn etwas Merkwürdiges, gleichsam einer
Standarte, bei sich trug. Ihn durchfuhr ein unangenehmer Schauer, als er feststellte, daß es sich dabei um den bösartig
grinsenden Kopf eines Tinojad handelte. Diese Unkreaturen waren ihm bislang nur aus den Erzählungen seiner Großmutter bekannt,
und wenn es stimmen konnte, daß diese Dinger existierten, dann konnte es sich auch bewahrheiten, daß diese Tinojads wie in den
Legenden denen nachstellten, bei denen sie Spuren ihrer Artgenossen entdeckten. Nach einem kleinen Streitgespräch, in dem Shorn
jedoch einlenkte, warf er den Kopf in die Büsche zwischen den Hügeln.
Zurückgekehrt in das nachmittägliche Lager stellten die Helden fest, daß der Händler entgegen ihrer Abmachung damit beschäftigt
war, sein Hab und Gut zusammenzutragen und auf seinen Karren zu laden. Nanthal, etwas unbeholfen, ging ihm dabei sogar noch zur
Hand und erklärte den Helden hinter hervorgehaltener Hand, daß der Händler "wohl ein bischen plemmplemm" sei. Kaum sei Rahark
von dannen geritten, habe er angefangen sich abwechselnd nach dem umliegenden Buschwerk, sowie nach ihm, Nanthal, selbst
umzudrehen. Dabei seien seine Bewegungen immer fahriger geworden, und so habe er versucht, mit seiner Hilfe, den Händler noch
ein bischen länger vor Ort zu halten.
Rahark fuhr den Händler recht harsch an, ob er immer so viel auf Abmachungen gebe, und entlockte ihm dann auch eine Antwort auf
die Frage, wo er denn allein hinzugelangen gedenke. In wenigen Stunden Entfernung sei ein größeres Gasthaus, dies wollte er
unbedingt noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen, da er sich seines Lebens nicht mehr sicher fühlte. Als daraufhin die
Gruppe seine Ängste noch mit dem kurz zuvor Erlebten untermauerte, konnte er es kaum mehr erwarten, die Dwarks vor seinen
Karren zu spannen und aufzubrechen. Also beschlossen die Helden, mit ihm zu diesem Gasthof aufzubrechen, und keine weitere
Minute zu verlieren. Während sie weiterritten, zog der Himmel weiter mit düsterer Bewölkung zu, so daß die Dunkelheit recht
schnell einzufallen drohte. Doch in dem einsetzenden Regen war an ein schnelles Fortkommen nicht zu denken, der Karren des
Händlers zog tiefe Furchen durch den Untergrund der Straße.
Die Unruhe wuchs, als Rahark plötzlich etwas Rotes zwischen den Bäumen am Wegesrand gesehen zu haben glaubte. Er preschte
sofort mit einem lauten Aufschrei vom Weg und drang mit seinem Reittier ins lockere Unterholz ein. Also setzte er wieder zu
den anderen zurück und beschwor während des weiteren Rittes stets, er sei nicht hysterisch und habe deutlich etwas erkennen
können. Als wäre all dies noch nicht genug gewesen, traf ihn kurz darauf eine Vision, die ihn beinahe aus dem Sattel gehoben
hätte. Darin näherten sich die Helden über einen geschwungenen Waldweg einem Gasthof, weiß gewandet, wie auch in der Vision
Jerrons. Aber Rahark nahm noch mehr wahr, hörte er doch ein fieses Geckern und Gurgeln aus dem Buschwerk, das ihn in dieser
Vision umgab. Dann erwachte er und konnte sich, einen Sturz gerade noch vermeidend, an seinem Sattel festklammern. Fortan ritt
er starren Blickes weiter.
Bösartige kleine Überraschungen
Ungeduldig die Ankunft beim Gasthaus erwartend, stieg die Stimmung unter den Helden auf einen neuen, geladenen Höhepunkt, eine
Spannung, in der ein Funke genügen sollte, um die Lunte zu zünden. Dieser Funke am Pulverfaß sollte nicht lange auf sich warten
lassen. Kaum war die Raststätte in der durch den leichten Regen und die Bäume beschränkten Sichtweite der Helden erschienen,
platzte auch der sprichwörtliche Funke in Form eines wild geckernden Tinojads zwischen die Helden. Aus den Büschen sprangen
sogleich noch sechs weitere dieser Unkreaturen und gingen die Reittiere der Helden an. Rahark, der seine Ängste vor diesen
Legendenwesen seiner Kindheitszeit nicht mehr beherrschte, sprengte mit seinem Reittier durch die Reihen der Helden und
attackierte die Angreifer. Hierbei ließ er sich jedoch zu sehr von seiner Wut leiten, tötete zwar einen Tinojad, doch sein
Reittier ging ihm durch und warf ihn zwischen die Angreifer. Zu seinem Glück jedoch trieben Shorn und Thimor die seltsamen
Unwesen auseinander, doch Rahark umfing tiefe Apathie, und so blieb er einfach inmitten dieser Szenerie stehen und blieb damit
auch gefährdet. Im Kampfe mit diesen koboldhaften Unkreaturen mußten die Kämpfenden die verwirrende Erfahrung machen, daß ihre
Gegner wohl offensichtlich die Fähigkeit besaßen, Waffen und Ausrüstung der Helden zu vertauschen, so daß Portiana und Rahark
ihre Waffen verwundert am Kampfarm des anderen fanden.
Während Portiana hernach mit einer Armbrust auf die Kreaturen einschoß, stob Jerron zu Codlu an den Tinojads vorbei und
versuchte, einige von ihnen mit einem Schwertschwinger zu töten, was ihm bei einem auch gelang. Ein Speer des Shorn
durchbohrte eine weitere dieser Unkreaturen. Als schließlich die Helden von ihren Reittieren beziehungsweise dem Karren
abstiegen, danach in einem Angriff der Tinojads zwei von ihnen töteten, versprengten die übrigen in das dichte Buschwerk und
waren nicht mehr gesehen.
Das Gasthaus am Wegesrand
Die letzten Schritte hinaus aus dem Waldrand führten in einem Bogen um einen kleinen Teich herum, dessen dunkle, glatte
Oberfläche zusammen mit der Düsternis der späten Dämmerung die Spannung bis zum Zerreißen führte. Linkerhand schimmerte durch
das Buschwerk ein zerfallenes Nebengebäude des Gastgehöftes, so daß Rahark zur Sicherung in den Wald preschte. Doch dort ward
nichts gefunden. Er schloß also wieder zu den anderen auf, die sich an dem Rund der Straße vor dem Eingang zum Haupthaus
eingefunden hatten. Die Reisenden betraten nun den Schankraum und Verwunderung trat in ihre Gesichter, denn bis auf die
Habseligkeiten der vormals hier untergebrachten Gäste, wurden sie keines weiteren Zeichens deren Verbleibes gewahr. So machte
sich die Gruppe an die Untersuchung des Gebäudes, die einen gründlicher, die anderen weniger. Besondere Gründlichkeit legte
Rahark bei den Gegenständen in den Räumlichkeiten zutage, so führte er sich genüßlich eine Tabakpfeife mit einem süßlichen
Rauschkraut zu Gemüte. Dieses änderte sein Auftreten drastisch zu selbstüberschätzender Arroganz, und beeinflußte dauerhaft
seine Lebenskräfte.
Dies sollte allerdings kurze Zeit später zu einem Problem werden, als Shorn auf einen weiteren Tinojad stieß, der sich in
einem Kleiderschrank versteckt hielt. Ehe Shorn es vermochte, dieser Kreatur den Odem auszuhauchen, bewarf diese ihn geifernd
mit allerlei Stoffen, so daß ihr erst mit Hilfe von Jerron der Gar ausgemacht werden konnte. Allerlei Dinge hatte die Gruppe zu
diesem Zeitpunkt bereits ihrem Besitz einverleibt, auch wenn den einen oder anderen moralische Skrupel davon abhielten. Nach
diesem Auftritt des kleinen Magerdämons war den Reisenden klar, wer an dem Verschwinden der Gäste maßgeblich beteiligt sein
dürfte. Sie fuhren also mit der Durchsuchung fortan vorsichtiger fort.
Heute bleibt die Küche kalt...
Portiana war die erste, die einen Drang danach fühlte, die Lebensmittel in der Küche auf ihren Nährwert zu überprüfen. Als sie
jedoch die Tür öffnete und ein paar Schritte in den Raum hineingegangen war, kaum das frische Fleisch auf der Schlachtbank im
Souterrain mit wohlwollendem Blick begutachtet, sah sie sich einem prasselnden Hagel aus Töpfen und Pfannen, Messern und
Löfffeln, sowie mehreren Arten Geschirrs ausgesetzt, unter dem sie sich nicht bis zur Tür retten konnte. Durch das Scheppern
von Metall und dem klirrenden Bersten von Geschirr aufgeschreckt, stürmten die übrigen Reisenden hinterher, es war dann Rahark,
der unter dem Geschoßhagel einen Schanktisch als Trutzburg verwendete, um von dort aus die Lage zu bewerten: Einer der Tinojads
hatte scheinbar ein Quartier zwischen Töpfen und Pfannen der Küche genommen und wütete jetzt, wie es einem Gast wohl kaum
gebührt. Schließlich sprang er sogar auf den Kopf von Portiana und versuchte, ihr mit Krallen und Bissen tiefe Wunden zuzufügen.
Bevor die Helden nun diesem ungebührlichen Benehmen ein Ende bereiten konnten, versuchte Rahark mit einem Messerwurf die
Geschundene schnellstens zu befreien, traf Portiana jedoch nur ins Kreuz, so daß sie hilflos zu Boden sank. Offenbar überrascht
durch so viel Übereifer, ließ der Tinojad kurz von Portiana ab, aber immerhin lang genug, als daß Rahark - in die Küche
sprintend - mit einer Pfanne nach ihm schlagen konnte. In hohem Bogen flog das Wesen in die Schränke an der Wand. Kurzerhand
stopfte Jerron es mit beherztem Griff tief in einen Suppenkessel, der auf der Feuerstelle der Küche köchelte. Den Deckel
draufgepreßt, gab das Vieh nach kurzer Zeit Ruhe.
Ratten in der Scheune
Dieses ewige Hineinplatzen von kleinem Ungeziefer in die alltäglichen Bedürfnisse der Reisenden veranlaßte diese dazu, sich in
kleinen Gruppen um die Nebengebäude Scheune und Wohnhaus zu kümmern. Das verängstigte Quiecken von Schweinen führte sie dann
relativ schnell in die Scheune hinein, in der sie ihren Augen kaum trauen konnten. Eine Horde von etwa einem Dutzend Tinojads
machte sich einen Spaß, auf den furchterfüllten Hausschweinen durch das kotige Heu zu gallopieren. Es war ein Anblick, der
durchaus erheiternd hätte sein können, wenn sich die Tinojads auch weiter mit den Schweinen beschäftigt hätten und nicht in
der Mitte der Scheune eine zweieinhalb Schritt hohe Gestalt gestanden hätte, deren glatter Körper in graubrauner Färbung wie
unzerstörbares Gestein wirkte. Eine einladende Handgeste hieß die Helden näher kommen, ein feurig glühendes Grinsen unter
tiefblauen Augen ließ die Helden zunächst von dieser Einladung Abstand nehmen. Allen voran war Rahark, der zusammen mit
Portiana durch den Dreck der Schweinepforte über deren Koppel in das Gebäude gekrochen war, unter tiefem Schock, hin und
her gerissen zwischen dem Glauben an seine Augen und dem Zweifel an seinem Verstand. Auf Portiana, die nach Rahark in die
Scheune gekrochen war, schien der Mordretikal, so seine Bezeichnung nur gewartet zu haben. "Auf Euch habe ich gewartet,
Portiana, Euch, Kriegerin der Meere - nun tretet Eurem Schicksal entgegen, denn Euer Schicksal wird nun hier ein Ende finden."
Jagt die Ratten raus!
Nanthal ließ sich daraufhin nicht lange bitten und stürmte mit gezogenem Schwert auf den Gegner, scheinbar zur Freude der
Tinodjads, die sich zu sechst auf ihn stürzten. Die Anwesenheit des Mordretikal schien ihnen den Schabernack weitestgegehend
ausgetrieben zu haben und verlieh ihnen einen wütenden Kampfesgeist. Somit gerit Nanthal schon nach wenigen Sekunden und zwei
erfolgreichen Schwertstreichen in arge Bedrängnis. Allerdings konnte ihm niemand zur Hilfe eilen, denn Jerron hatte ebenfalls
eine Tinodjadplage zu bekämpfen. Portiana schien von einem magischen Blick gefangen zu sein und regte sich auch nicht, als der
Mordretikal ihr einen ansehnlichen Feuerball entgegensandte. Shorn, als einziger durch lediglich zwei Tinodjads gebunden, fegte
diese mit einem eleganten Schlag nieder und sprang, Portiana aus der Schußlinie zu holen. Der Feuerball sengte ihm dabei den
Rücken an, bevor er krachend in die Holzwand des Stalles fuhr und auseinander spritzend Feuer und glühende Holzteile auf dem
relativ trockenen Heuboden verteilte. Dieser stand hernach weiträumig an vielen Stellen unter Flammen.
Ein wütendes Brüllen entfuhr dem Mordretikal, als Portiana und Shorn sich regten - erstere offenbar gelöst aus dem
kurzzeitigen Bann. Er schien nun etwas anderes vorzubereiten, denn er versank in eine beschwörerische Gestik, wobei er seine
Arme mit offenen Händen nach unten langsam über das Heu führte, so daß es um ihn in einer Art Wirbelsturm zu kreisen begann.
Rahark, der sich langsam aus seiner Starre befreiene konnte, stürmte nun auch auf die Tinodjads vor, vereinte sich auf seinem
Weg mit Jerron und Thimor und versuchte von hinten an die kolosshafte Figur inmitten des Getummels heranzugelangen. Derweil
wandelte sich jeder Streif des vetrockneten Heues in der Wolke um den Mordretikal nach und nach in Heuschrecken, und immer
mehr von diesen lösten sich aus der Wolke, um mit heftigen Bissen den Kämpfenden die Moral und die Kräfte zu rauben. Diesem
setzten vereinte Streiche von Rahark, Thimor und Jerron auf den Rücken des Mordretikals ein ruckartiges Ende, so daß der
Tiham'al sich mit klaffenden Wunden im Rücken aus seiner Wolke löste und die Heuschrecken erneut als harmloses Stroh aus der
Luft segelten. Bislang unbewaffnet, erwuchsen dem Mordretikal nun ein gewaltiger Kampfhammer und ein Schild aus Stein aus den
Händen, und seine Laune hatte sich durch die Attacken in den Rücken wohl eher verschlechtert denn gebessert. Sein erster
Schlag traf Jerron mit der vollen Wucht des Hammers in der Seite, so daß dieser einem Kampf nicht mehr sehr gewappnet war.
Dennoch suchte er, den Tiham'al zu bezwingen. Während Thimor die Tinojads von Nanthal herunterzuschlagen, die diesen bishermit
Zähnen und Klauen übel zugerichtet hatten.
Shorn, der sich von einigen dieser lästigen Plagegeister losgemacht hatte, drängte nun auch auf den Mordretikal und reizte
ihn zu einem weiteren Feuerball. Diesen lenkte Shorn allerdings zurück und nur mit Mühe konnte der Tiham'al diesen mit seinem
Schild abfangen, so daß dieses fortan weißlich glühte. Bereits siegessicher war sein Grinsen über diese gelungene Verteidigung,
daß er Rahark und Jerron vernachlässigte. Dabei tat ersterer den erlösenden Streich, der den Mordretikal in sich zusammenfallen
ließ und damit die verbliebenen Tinodjads in die Flucht schlug. Der Mordretikal wurde zu Stein, welcher sich erhitzte und nach
kurzer Dauer in Form flüssiger Lava ins Erdreich einsank. Dies setzte allerdings auch den Rest der Scheune in Brand, so daß die
Gruppe ihren schwerst verwundeten Echsenkameraden schleunigst aus dem Scheunentor heraus schleifte. Kurze Zeit später sank das
Gebäude in einem lodernden Feuerball zusammen.
Zwei unliebsame Überraschungen
Damit schlossen sie allerdings vernünftigerweise ihre Erkundung des Gehöftes nicht ab, da noch das Wohnhaus untersucht werden
mußte. Daran taten sie auch gut, schließlich gerieten sie noch in Kämpfe mit einigen Tinojads, von denen sich zwei besonders
witzige Exemplare in dem ehelichen Bett der vormaligen Bewohner des Hauses versteckt hielten, gehüllt in die Nachtkleider der
Vorbesitzer.
Hernach war klar, keiner der Gastleute und Reisenden hatte das Zusammentreffen mit den Tiham'aia überlebt, die über das Gehöft
eingefallen waren, doch wo waren die Leichen der unglücklichen geblieben? Rahark hatte einen fürchterlichen Verdacht und
schlich mit Nanthal vorsichtig an das nahe Gewässer des Gehöftes heran. Vom Steg aus wurden sie einer Hand gewahr, die sich
bis dicht unter die Wasseroberfläche reckte. Daran gezogen, stellten sie fest, daß der dazugehörige Arm dicht über dem
Ellenbogen durchbissen war - gesplitterte Knochen schilderten die rohe Gewalt, die dort gewirkt hatte. Rahark und Nanthal
durchmaßen also das trübe Gewässer und fanden noch weitere Leichen, übel zugerichtet und kein Teil bei dem anderen.
Aufräumen und Aufbrechen
Eine geraume Zeit erforderte das Beerdigen der Leichen, zumal der Dauer der Zuordnung der Teile zu den Körpern. Somit blieb
die Gruppe noch einen weiteren Tag bei diesem ungesegneten Flecken Erde, auf dem dieser Gasthof stand. Erst am Morgen nach der
Schlacht war aufgefallen, daß der Händler, mit dem sie gereist waren, mit seinem Wagen von dannen gezogen war. Weit war dieser
vermutlich nicht gekommen ohne auf die Kräfte zu treffen, die der Gruppe so üble Schäden zugefügt hatten. Nanthal war von
Shorn mit allerlei Salben und Mull zu einer Art Paket geschnürt worden, trieb jedoch näher dem Tode als dem Leben durch den
Tag. Nachdem der dritte Morgen angebrochen war, luden sie ihre Reittiere auf, packten einen verlassenen Wagen mit ihren
Habseligkeiten und dem, was die Begrabenen nicht mehr brauchen würden, schoben Nanthals reglosen, und doch atmenden Körper
dahinter, und setzten ihre Reise fort.
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